Auszug Isis 1825. Heft VIII. Seiten 849-866

Isis.

VIII.
E. J. Leichtlen, (Archivrath)

Schwaben unter den Römern, in zwey Charten dargestellt. Nebst Untersuchungen über die Oberdonaustraße der Peutinger Tafel von Windisch bis Regensburg, insbesondere über die Hauptstadt Samulocenae. Freyburg im Breisgau bey Herder 1825. 8. 208.

Bekanntlich zeichnet die Peutingerische Tafel eine Straße, welche unweit Vindonissa über den Rhein geht, an diesem bis an den Bodensee hinauf läuft, dann über einen Fluß setzt, der neben dem Bodensee entspringt, eine Strecke nördlich läuft und dann, nach Osten umbiegend, sich bis Regensburg u. s. w. verlängert, d. h. entschieden die Donau ist. Parallel mit diesem läuft in gerader Entfernung und dicht daran die Straße fort, ohne je auf das nördliche oder linke Ufer hinüber zu gehen.

Cluverius bestimmte vor 200 Jahren (Anmerkung: ca. 1625) folgende Orte,

  • 1) Tenedo, Thengen.
  • 2) Juliomagus, Tuttlingen.
  • 3) Brigobanna, Beuron.
  • 4) Arae Flaviae, Aurach.
  • 5) Samulocenae, Ulm.
  • 6) Grinarium, Kndringen.
  • 7) Clarenna, Lech-Rain.
  • 8) Buricianae, Burkheim.
  • 9) Vetonianae, Wintern.
  • 10) Germanicum, Vohburg.
  • 11) Celeusum, Neustadt.
  • 12) Abesina, Abensberg.

Seit Cluverius hart sich mit der Bestimmung der römischen Orte in Deutschland fast niemand beschäftiget, als der berühmte Mannert zu Landshut. Es konnte nicht fehlen, daß solch ein Mann, welcher im alten Deutschland lebt und webt, sich auch an die Erklärung der Orte machte, welche an der römischen Heerstraße von Windisch nach Regensburg längs der Donau auf der Peutingerschen Tafel vorkommen. Diese Tafel rechnet auf diesem Wege 245 Millia passuum. Diese findet Mannert zu viel, und er führt daher die Straße anfangs von Windisch aus auf einem Umweg im Schwarzwald herum, um die gehörige Meilenzahl herauszubringen und die Orte folgendermaaßen zu bestimmen (Germania 1820 p. 613).

  • 1) Vindonissa, Windisch.
  • 2) Tenedo, Zurzach.
  • 3) Juliomagus, Stühlingen im Schwarzwald.
  • 4) Brigobanna, Bräunlingenbey Don - Eschingen.
  • 5) Arae Flaviae, Rotweil am Neckar.
  • 6) Samulocenae, Beuron an der Donau.
  • 7) Grinarium, Wengen.
  • 8) Clarenna, ◦ ◦ ◦
  • 9) ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦
  • 10) Ad Lunam, südlich von Ulm.
  • 11) Aquileia, Günzburg.
  • 12) Opie, Dillingen gegenüber.
  • 13) Septemiaci, Höchstädt gegenüber.
  • 14) Losodica, Lustnau.
  • 15) Medianae, Donauwörth gegenüber.
  • 16) Leiniacum (Iciniacum), Niederschönfeld östlich dem Lech.
  • 17) Biriciana, Mündung der Brütal.
  • 18) Vetoniana, Mündung der Acha.
  • 19) Germaniacum, Irsnig.
  • 20) Celeusum, Pföring gegenüber.
  • 21) Abusina, nördlich von Neustadt.
  • 22) Reginum, Regensburg.

Mannert führt also von Zurzach die Straße nördlich nach Stühlingen über den Schwarzwald nach Bräunlingen und Rotweil. Von da lenkt er sie östlich ab nach Beuron an der Donau, wo er auf das südliche Ufer geht und daselbst bleibt, indem er glaubt, daß alle Stationen auf dem rechten Ufer liegen müßten, weil der Strich der Peutinger Charte diese Lage hat. Man sieht, daß Mannert wenig von der Zeichnung der Tafel abgewichen ist. Nur anfangs macht er einen großen Bogen, der sich nicht in der Charte findet; nachher aber hält er sich nur zu streng an dieselbe, indem er beständig auf dem rechten Ufer bleibt.

Der Verf. sucht nun besonders diesen letzten und geraden Weg von Arae Flaviae an zu widerlegen, und zwar mit einem Aufwand von Kenntnissen und scharfsinnigen Bemerkungen, welche man an ihm schon durch seine früheren Hefte gewohnt ist.

Nach Mannert kamen Westenrieder, Reisach, Stichaner und Raiser, welche die Straße ganz auf die Nordseite der Donau legten, und zwar in keiner geringen Entfernung, so daß sie nicht selten den Pfahlgraben berührt, ja über Canstadt hinaus läuft, Alen, Bopfingen, sogar Wilburgstetten, ohnweit Dünkelsbühl, besucht, und erst bey Gunzenhausen in Franken wieder umwendet, um endlich in der Nähe von Kehlheim über die Donau zu gehen, also an ihrem Ende, da doch die Chartegleich beym Ursprung (wenn es die Donau ist, wofür sie diese Schriftsteller jedoch halten) die Straße über dieselbe führt.

Mannert hat offenbar nicht bloß den vernünftigeren, sondern auch ziemlich denjenigen Weg eingeschlagen, welchen die Charte deutlich angibt. Dessen ungeachtet kommen nach Buchner, Reichard und Prugger, welche die Römer nicht bloß auf dem Schwarzwald, sondern auf der rauhen Alp herumführen, in der Gegend vor Ulm ihnen die Donau zeigen, um sie dann wieder nördlich derselben nach Regensburg zu bringen.

Alle diese Versuche geht der Verfasser durch und widerlegt sie gröstentheils sehr gründlich; dessen ungeachtet nimmt er im Ganzen Reisachs Meynung an, und führt die Römer auch nördlich der Donau und ziemlich von ihr entfernt, auf folgendem Wege nach Regensburg.

  • 1) Vindonissa.
  • 2) Tenedo, Burg oberhalb Zurzach.
  • 3) Juliomagus, Stühlingen.
  • 4) Brigobanna, Hüfingen an der Breg.
  • 5) Arae Flaviae, Altstadt bey Rotweil.
  • 6) Samulocenae, Sülchen bey Rotenburg.
  • 7) Grinarium, Nürtingen am Neckar.
  • 8) Clarenna, Kirchheim unter Teck.
  • 9) Unbenannt, Altstadt Geislingen
  • 10) Ad Lunam, Lonsee.
  • 11) Aquileia, Heidenheim.
  • 12) Opie, Bopfingen.
  • 13) Septemiacum, zwischen Bopfingen und Oetting.
  • 14) Losodica, Oetting.
  • 15) Medianae, Weding.
  • 17) Biriciana, Harburg an der Werniß.
  • 16) Iciniacum, Ißing.
  • 18) Vetoniana, Nassenfels.
  • 19) Germanicum, Kesching.
  • 20) Celeusum, Otling an der Keis.
  • 21) Abusina, Neustadt an der Abens.

Der Verfasser beschreibt unterwegs alle römischen Alterthümer, Städte, Castelle, Mauern, Thürme, Denk- und Meilensteine, Büsten, Scherben und Münzen, die Römerstraßen, die jetzt meist Hochgesträß heißen, wie nicht minder alle Heidenlöcher, Heidenschößlein, Heidenstätten, Altstädte und Altheime mit einer musterhaften Genauigkeit, welche noch dadurch besonderen Werth erhält, daß er die meisten Gegenden selbst bereist hat. Besonders interessant ist ein Einschibsel über Sülchen bey Rotenburg und das Sulichgau, aus welchem die Hohenzoller ihren Ursprung genommen, wobey sehr lesenswerthe Aufklärungen über diese Familie vorkommen. Der Name Hohenzoller bedeutet wahrscheinlich selbst nichts anderes als hohe Sul (Säule); denn so steht der Berg im Felde.

Die meisten genannten Schriftsteller legen das Hauptgewicht bey ihren Untersuchungen auf die römischen Überbleibsel, und besinnen sich fast keinen Augenblick, die Straßen dahin zu führen, wo sie eine Spur dergleichen entdecken. Allein Schwaben ist von römischen Alterthümern bedeckt, und ohne Zweifel hatten die Römer nach jeder Stadt und Castell eine (Stein-) Straße. Denn ihre Soldaten hatten nichts anderes zu thun, und sie wußten dieselben besser fürs allgemeine Beste zu beschäftigen, als man es jetzt weiß. In jeder Straße aber, welche zu einem Castell oder an den Pfahlgraben gieng, die große Heerstraße zu sehen, welche aus Gallien nach dem Orient führte, würde beweisen, daß man über den glücklichen Fund der Alterthümer ganz vergessen hat, auf welchem Wege man dahin gekommen ist.

Ein zweyter Grund, welcher die Schriftsteller so sehr ins Weite führte, ist die Millienzahl der Charte, welche viel zu groß seyn soll, als daß eine gerade Straße in dieselbe passen könnte. Ungeachtet dieser Noth machen sich einige noch obendrein eine zweyte, indem sie ohne allen Grund annehmen, die Charte rechnete innerhalb des Pfahlgrabens nach den noch größeren Leugen (1500 Passus), wie es scheint, bloß um die Straße noch weiter in Schwaben herumführen zu können. Wir werden aber unten beweisen, daß auch hier nichts anderes als Millien gemeynt sind, was sich übrigens schon von selbst versteht. Man könnte noch einen dritten Grund für dieses Irrewandern anführen, nehmlich die Meynung, daß Arae Flaviae Rotweil sey, welche sich so festgesetzt hat, daß keiner mehr daran zu schütteln wagt. Niemand weiß einen anderen Grund, als daß es mehrere hinter einander so gemeynt haben. Auf solchen, theils widersinnigen Annahmen, theils blinden Glaubenssätzen beruht die Verzeichnung der sogenannten Römerstraße längs der Donau, oder vielmehr in den Winkeln Schwabens und Frankens herum.

Die Charten, welche der Verfasser der Schrift beygegeben, haben einen großen Werth, indem alle bis jetzt entdeckten römischen Orte und Straßen, so wie der Pfahlgraben darauf roth verzeichnet sind, und sich überdies die Bestimmungen vieler Orte, Berge und Flüsse darauf finden, welche bisher unenträthselt waren. Es ist folgende, gewiß nicht geringe Anzahl.

  • Agennum, Gönningen.
  • Julia Alensis, Alen.
  • Alpes Poenae, Algäuer Alpen.
  • Amantia, Emmenzheim.
  • Amber, Ammer.
  • Aquileia, Heidenheim.
  • Aredunum, Herden (Bey Basel).
  • Argenis, Argen (Fluß).
  • Argentaria, Langenargen.
  • Auriana, Ore (Fluß) und Oehringen.
  • Berium, Berau.
  • Bilium, Iffißheim (bey Rastadt).
  • Biriciana, Werniß.
  • Bodungo, Bodman.
  • Bragodurum, Altheim bey Meßkirch.
  • Brenta, Brenz (Stadt und Fluß).
  • Brigiana, Brigach.
  • Caesarea, Keschingen.
  • Cana, Canstadt.
  • Cassangita, Seckingen.
  • Cassiliacum, Kißlegg.
  • Castellum, mehrere.
  • Clarenna, Kirchheim unter Teck.
  • Condate, Köngen, Kundingen.
  • Damasia, Ems (Stadt und Fluß).
  • Drusomagus, Drüsen (Stadt und Fluß).
  • Dunum, Dunberg und Duningen.
  • Ebodurum, Benduren.
  • Adfauces, Füeßen.
  • Graea, Hohen Krähen.
  • Grinario, Nürtingen.
  • Ictodurum, Gutenburg.
  • Juliomagus, Wutach (Fluß).
  • Lentia, (Linz-) Ach.
  • Licia, Ill.
  • Licatii, Völker im Wallgau.
  • Lictus, Iller.
  • Losodica, Oetting.
  • Mediana, Forellenbach und Stadt Weding.
  • Nava, Nau (Fluß).
  • Nemavia, Neusnach (Fluß).
  • Noeomagus, Neumagen (Fluß).
  • Podium, Bodman.
  • Ratiantia, Reßat (Fluß).
  • Rostro nemaviae, Stadt an der Neusnach.
  • (Sanctio ist wohl nicht Seckingen, denn es lag nie in Rhätien, eher Sax bey Chur.)
  • Sedatum, Eichstädt.
  • Solicinium, Sülchen.
  • Samulocenae, dasselbe.
  • Tarodunum, Zarten, von uns bestimmt.
  • Valencia, Welsheim.
  • Venaxamadurum, Auxesheim.
  • Verna, Wirm (Fluß).
  • Verodunum, Würtemberg (also Wirtenberg).
  • Viana, Weiung (Fluß), Wain (Stadt).
  • Vicus, Wicken.
  • Vicus Julius, Wilzburg.

Außerhalb Schwaben.

  • Clanis, Glan (Fluß).
  • Duras, Iser.
  • Urusa, Iser.
  • Duria, Thur (Fluß).
  • Lintimagus, Limmat.
  • Olina, Violenbach.
  • Olino, Olsburg.
  • Parra, Paar (Fluß).
  • Ripa prima, Berbach.
  • Tenedo, Burg bey Zurzach.
  • Urincae, Kiren.
  • Vallatum, Wal.

Ungeachtet wir nun die volle Überzeugung haben, daß der Verfasser die Richtung der Straße ganz verfehlt hat; so zollen wir ihm doch gern unseren Dank für die vielen Aufschlüsse, welche er über die römischen Alterthümer in Schwaben gegeben hat. Man wird sein Buch nicht ohne große Belehrung über das deutsche Alterthum aus der Hand legen.

Römerstraße

längs der Donau von Vindonissa nach Regensburg.

Auf der Peutingerischen Tafel ist von Augusta Rauracorum bey Basel eine ganz gerade Straße längs dem südlichen Ufer der Donau bis Regensburg gezeichnet, woran die bereits genannten Orte liegen.

Es läßt sich durch genaue Vergleichung der Maaße zeigen, daß wir heut zu Tage auch nicht weiter von Windisch nach Regensburg haben, als die Römer auf der Peutingerischen Charte hatten. Da wir nun den geraden Weg zu gehen pflegen, nehmlich über Schaffhausen, Aach oder Stockach, Meßkirch, Wengen und Ulm; so konnten die Römer keinen andern genommen haben, theils weil sie eben so klug waren als wir und eben so gern ihre Füße schonten, theils weil die Peutingerische Charte einige Hundert Millien mehr hätte hinzusetzen müssen, wenn sie ihre Landsleute über den Schwarzwald und die rauhe Alp oder gar nach Dünkelsbühl hätte führen müssen, um sie wohlerhalten nach Regensburg zu fördern. Die Römerstraße lief mithin gerade an der Donau fort, wie sie noch heute läuft, und wie man sie ja auch noch an vielen Orten Meilenweit aufgedeckt hat, z. B. von Aach nach Meßkirch, Mengen und über den Bussen hinaus bis nach Küß-Dissen, und dann wieder in der Gegend von Günzburg und endlich bey Abensberg.

Die Straße führt freylich östlich dem Schwarzwald und nordöstlich dem Bodensee über einen von Süden kommenden und nach Osten umbiegenden Fluß, der am Ende die Donau ist. Allein wie kann der Arm, worüber die Straße geht, die Donau seyn, da er aus einem Gebirge am Bodensee kommt und keineswegs aus der westlich, sehr deutlich und richtig verzeichneten Sylva Marciana (Schwarzwald)? Zieht man aus diesem Gebirge eine Linie nach dem Fluß nördlich der Straße, so ist sie das erste Stück der Donau, in welche der von der Straße durchsetzte Fluß von Süden her einströmt. Es ist mithin ein Seitenfluß der Donau, über den die Straße führt, der vom Bodensee herkommt, und nicht der Ursprung der Donau selbst. Diese Täuschung war es vorzüglich, welche die Geschichtsforscher veranlaßte, die Straße um den Ursprung der Donau auf dem Schwarzwald herumzuführen, wodurch sie nach Rotweil und in das nördliche Schwaben verschlagen wurden. Jedoch auch in diesem Falle hätten sie, wie Cluver und Mannert gethan, in gehöriger Zeit zurücklenken und wenigstens vor Ulm wieder aufs südliche Ufer der Donau kommen sollen, statt bis Regensburg im nördlichen Schwaben und südlichen Franken herum zu irren und dann erst über die Donau zu setzen, was der ganzen Charte dermaaßen widerspricht, daß man annehmen müßte, der Verfertiger hätte auf 100 Stunden Wegs seine Straße ganz falsch gezeichnet; in der That ein hübsches Führungsmittel für ein Heer, das so oft genöthiget war, in Eilmärschen aus Gallien nach Thracien zu marschieren. Wie hätte es nach einer solchen Charte den Weg auch nur möglicher Weise finden können? Nach unserer Ansicht ist die Straße vielmehr ganz vortrefflich gezeichnet, zum Erstaunen richtig, und zwar so, daß, wenn darin Fehler vorzukommen scheinen, dieselben eher von unserer viel ungenaueren Kenntnis der Weglänge herrühren, als von der Angabe der Römer.

Dieses nun vorausgesetzt, daß nehmlich die Römer den nächsten Weg genommen, so suche ich die Orte dadurch aufzufinden, daß ich die römische Weglänge halbiere und diese Viertel noch einmal halbiere. Dann verfahre ich eben so mit unserer Stundenlänge, und lege die Orte blindlings hin, wohin sie von selbst fallen; nachher erst rücke ich sie zurecht, indem ich die anderen Umstände betrachte, welche für diese und jene Lage sprechen.

Vor allem muß die Entfernung von Windisch oder Brugg nach Regensburg ausgemittelt werden. Es sind aber

  • von Brugg nach Schaffhausen ◦  ◦ ◦  12 Stunden
  • von da bis Meßkirch ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦  ◦ 12 -
  • von da bis Ulm ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ 20 -
  • von da bis Donauwörth ◦ ◦ ◦ ◦ ◦  18 -
  • von da bis Ingolstadt ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦  14 -
  • von da bis Regensburg ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ 18 -
  • Summa 94 -

Diese Entfernung ist mit der Längenzahl der Peutingerischen Charte zu vergleichen. Dabey entsteht aber vor allem die Frage, ob die Charte, wenigstens in den Decumaten, nach Millien oder Leugen rechnet. Eine Frage übrigens, welche augenblicklich und mit der größten Sicherheit beantwortet werden kann. Man braucht nur die Orte anzusehen, deren Entfernung man noch haargenau weiß, z. B. Augusta rauracorum und Vindonissa, deren Entfernung mit 22 bezeichnet ist. Von Basel nach Brugg sind 11 Stunden. Nun liegt Augst von Basel 2 Stündchen, folglich ist es von Augst bis Windisch fast 9 Stunden, wovon etwa 5 bis Frick und 4 schwache von da bis Brugg oder Windisch sind.

Die Römer rechneten auf die Millie 1000 Gänge (Passus) oder 2000 Schritte. Mithin sind 5 Millien 5000 Gänge oder 10000 Schritte, macht zwey Stunden oder 1 Meile, wie auch allgemein angenommen wird. Zwanzig Millien also sind 8 Stunden; 22 sind 8 ⅘ Stunden; es wäre mithin von Augst bis Windisch fast 9 Stunden; und die Charte hat demnach haargenau, und zwar nach Millien, nicht nach Leugen gerechnet.

Ist man damit nicht zufrieden und wollte man denken, die Zahl 22 könnte als Schreibfehler zufällig treffen; so betrachte man einmal die Entfernung von Basel nach Straßburg. Man rechnet 20 Stunden. Die Charte gibt von Augusta rauracorum bis Argentoratum 49. Nun sind aber 50 Millien haargenau 20 Stunden. Kann man ein schöneres Zusammentreffen wünschen?

Diese Richtigkeit der Charte auf einer Strecke von 30 Stunden erlaubt wohl das Vertrauen, daß sie auch in der Fortsetzung dieser Straße längs der Donau bis Regensburg richtig gerechnet habe. Nun gibt sie aber von Vindonissa bis Reginum 246, diese mit 5 getheilt, werden 49 ⅕ Meilen, oder 98 ⅖ Stunden.

Man rechnet aber von Brugg bis Regensburg 94 Stunden, mithin beträgt der Unterschied 4 ⅖. Wer wird nicht über dieses Zusammentreffen erstaunen, und noch mehr darüber, daß unsere neuen Geschichtsforscher dieses nicht bemerkt haben! Wie sie gerechnet und sich getäuscht haben mögen, ist schwer zu erklären, außer dass sie, als sie sich einmal im Kopf gesetzt hatten, Arae Flaviae müsse schlechterdings Rotweil seyn, gezwungen waren, Leugen anzunehmen, was jedoch leicht sich hätten selbst widerlegen können, wenn sie nur die Entfernung von Augusta rauracorum bis Argentoratum hätten zu Rathe ziehen wollen.

Bedenkt man noch, daß die 44 Stunden bis Ulm sehr gestreckt sind, so kann man sehr wohl noch 4 hinzusetzen und bis Regensburg 98 Stunden annehmen; wie die Charte.

Hieraus geht nun unumstößlich hervor, daß die Römer den nächsten, und mithin geradesten Weg genommen haben; und da es zwischen 2 Puncten nur eine gerade Linie gibt, so haben sie nothwendig denselben Weg genommen, den wir noch heutzutage nehmen.

Wer aber von Brugg nach Schaffhausen reist, geht bey Zurzach, nicht bey Kaiserstuhl, über den Rhein, das Klettgau hinauf nach Erzingen, Neukirch, Schaffhausen. Wer von da nach Regensburg will, fährt den ersten Tag 20 Stunden über Singen, Stockach, Meßkirch, Mengen bis Riedlingen, von da den 2ten Tag 18 Stunden weit über Ehingen, Ulm bis Günzburg; von da den 3ten Tag 20 Stunden weit über Gundelfingen, Lauingen, Dillingen, Höchstädt, Donauwörth bis Neuburg; von da den 4ten Tag wieder 20 Stunden oder 24 Poststunden neben Ingolstadt vorbey über Neustadt, Abensberg, Saal bis Regensburg.

Von dieser Straße können die Römer nicht sehr abgewichen seyn, weil sie nicht bloß im Ganzen, sondern auch von Ort zu Ort dieselbe Stundenzahl angeben, weil sie eben so vernünftig als wir gewesen und ihre Beine wohl eben so geschont haben. Man setzt zwar jetzt bald über die Donau hinüber, bald herüber. Das haben ohne Zweifel die Römer, zum Theil wenigstens, auch gethan oder konnten es gethan haben, ohne es auf der Charte anzudeuten. Es wäre lächerlich, von einer Römerstraße die Genauigkeit zu verlangen, welche unsere jetzigen Poststraßen haben. Wimmeln doch selbst diese noch von Fehlern, obschon man Landcharten besitzt, welche jeden Bach anzeigen! Die Peutingerische Tafel zieht die Straße in gerader Linie am rechten Ufer der Donau fort. Zu verlangen, daß sie das kleinste Stückchen von Günzburg bis Donauwörth, wo wahrscheinlich allein über die Donau gesetzt wurde, hätte ans linke Ufer zeichnen sollen, wäre in der That unverständig. Uebrigens ist es ja auch möglich, daß sie sich auch hier auf dem rechten Ufer gehalten hat; denn die Römer haben oben an der Donau diese Straße ebenfalls durch Sümpfe geführt.

Wir stellen die jetzigen Orte mit den römischen zusammen, nicht weil sie absolut dieselben seyn sollen; sondern weil sie die bekannteren Ruhepuncte oder Stationen sind und weil sie den römischen Entfernungen entsprechen.

Theilen wir den Weg in zwey Theile; so kommt Ulm ungefähr in die Mitte, nehmlich 50 Stunden von Regensburg und 44, etwas mehr, von Brugg. Die eigentliche Mitte fällt also zwischen Ulm und Günzburg, gegen Leipheim. Theilen wir jede Hälfte wieder, so fällt Neuburg zwischen Ulm und Regensburg, 25 kleine Stunden von jedem; Meßkirch in die Mitte zwischen Ulm und Brugg, von jenem 20, von diesem 24 Stunden entfernt.

Theilen wir nun die 246 Millien gleichfalls in zwey Theile, so erhalten wir 123 Millien. Nun fällt aber Aquileia auf 124 von Vindonissa, mithin etwas über Ulm hinaus, aber nicht ganz bis Günzburg, also ebenfalls gegen Leipheim. Theilen wir die 124 Millien, so erhalten wir 62 M. Nun fällt aber Samulocenae auf 60 (24 Stunden), mithin auf Meßkirch an der Ablach, worin offenbar der Name steckt; Amblach, Amvlach, Samvlach, Samulach, Samulachingen, Samulacenae.

Fassen wir diesen Ort etwas schärfer in die Augen, so liegt er auf der Charte an dem ersten Fluß, über welchen die Straße setzt. Dieser Fluß entspringt aber nicht aus der Sylva Marciana oder dem Schwarzwald, sondern aus kleineren Bergen nördlich vom Bodensee. Er kann also unmöglich die Donau seyn (wie auch schon Leichtlen vermuthet, aber auf die Iller, welche viel zu fern liegt, gerathen hat). Dieser Fluß fällt in die Donau und kann seiner Richtung und Entfernung nach nichts anderes als die Ablach seyn. Die Charte hat nur den Strich von den Quellen der Donau bis zum Einfluß der Ablach bey Mengen anzugeben vergessen, oder vielmehr nicht angeben wollen, denn sie hat nur die Flüsse angegeben, über welche sie gekommen ist, und konnte auch nicht anders, wie wir auch nicht anders können, wenn wir in einem fremden Lande längs einem Strome reisen. Wir zeichnen die Querbäche, über die wir kommen, und den Hauptstrom erst von da an, wo er uns zu begleiten anfängt, können aber die Richtung, woher er kommt, natürlicher Weise nicht angeben.

Die Ablach ist aber wirklich noch heutzutage das erste Wässerchen, welches in die Donau fließt und auf das man trifft, wenn man von Schaffhausen nach Ulm reist. Vorher kommt man über den Biber, dann die Aach, dann die Stockach, welche alle 3 in den Rhein oder in den Bodensee fallen. Die Wasserscheide zwischen dem Donau- und dem Rheingebietist auf der Höhe zwischen Stockach und Meßkirch, oder zwischen Aach und Meßkirch, wenn man etwa diesen Weg nimmt. Die Charte hat daher sehr sinnreich diese Scheidung dadurch anzeigen wollen, daß sie den erstenSeitenfluß der Donau, über den man kommt, bezeichnet hat.

Der römische Ort braucht eben nicht Meßkrich selbst zu seyn, sondern kann sehr wohl, ja ist wahrscheinlich, die gleich daneben liegende römische Stadt, welche Leichtlen Bragodurum nennt, was viel besser auf Beuron an der Donau paßt.

Dieses auszumachen, war der Hauptpunct, mit welchem alle Schwierigkeiten überwunden sind; denn von dieser Festsetzung an passen alle Entfernungen vor und rückwärts von Samulocenae so genau, als wenn sie mit dem Zirkel abgestochen wären.

Wir können also nun nach Windisch oder Brugg zurückkehren, und von da an unsere Reise Gang für Gang (Passus) antreten.

Von Vindonisa sind bis Tenedonis 8 Millien = 3 ⅕ Stunde.

Nun sind aber von Brugg bis Kaiserstuhl 5 Stunden, nehmlich 2 bis Baden und 3 über Schöftisdorf bis Kaiserstuhl, macht 12 1/2 Millien.

Die Römer sind mithin nicht bey Kaiserstuhl über den Rhein gegangen. Auch liegt in dieser Richtung kein Ort, welcher auf Tenedonis paßt. Sie sind aber auch nicht bey Zurzach über den Rhein gegangen, weil dieser Ort 4 Stunden, also 10 Millien von Brugg entfernt ist, da doch die Charte nur 8 M., 3 ⅕ Stunde angibt, und weil sie nicht einen Weg werden gewählt haben, der zweymal über Berge führt (den Kissenberg dazu gerechnet), da sie ganz eben fortkommen konnten.

Die genaue Entfernung von 3 ⅕ Stunden von Brugg fällt auf Dettingen oberhalb Klingnau, wo die Fähre noch ist, und in welchem Namen Tenedonis sich offenbar noch ganz unversehrt erhalten hat.

Sie giengen also von Windisch rückwärts durch Brugg über die Aarbrücke, was nur einige 100 Schritte beträgt, aufs linke Aarufer; bey Dettingen kamen sie wieder aufs rechte Ufer, und hatten dann noch bis Coblenz (Confluentes), wo die Aar sich mit dem Rhein verbindet, etwas über 1 Stunde. Da giengen sie auf ebenem Boden über den Rhein, und behielten durch das ganze Klettgau denselben bis kurz vor Schaffhausen, über das sie nothwendig die Straße ziehen mußten, wenn sie nicht über Merishausen und den hohen Rand steile Berge auf und ab klettern wollten.

Von Tenedo bis Juliomagus sind 14 Millien, 5 ⅗ Stunden.

Von Juliomagus bis Brigobanne 11 Millien, 4 ⅖ Stunden, macht 25 Millien oder 10 Stunden.

Nun sind aber von Dettingen über Klingnau und Coblenz bis Schaffhausen nur 9 Stunden, folglich ist Schaffhausen weder das eine noch das andere, indem Juliomagus 3 1/2 Stunden vor und Brigobanne eine Stunde nach fällt. Schaffhausen ist auch in einer bekannten Zeit gegründet und kein römischer Ort.

Von Coblenz bis Thiengen sind 1 1/2 Stunde, bis Laucheringen 1 Stunde, bis Erzingen 1 1/2, macht 4; dazu 1 1/2 von Dettingen bis Coblenz macht 5 1/2 Stunde, also 14 Millien. Juliomagus muß mithin in die Gegend von Erzingen fallen. Bey Geislingen ist das Heidenschlößlein und eine Römerstraße; Leichtlen hat bey Laucheringen selbst noch ein Stück davon entdeckt. Es ist also kein Zweifel mehr vorhanden. Dagegen ist nach Stühlingen keine Spur anzutreffen, und im Orte selbst nichts Römisches. Läge Geislingen nicht etwas zu nahe an Laucheringen; so würde ich es unbedenklich für Juliomagus halten, da auch dieser Name sehr wohl durch Verwandlung des J in G in Geislingen übergehen konnte. Genaueres Abmessen des Weges wird die Sache entscheiden.

Wären die Römer bey Kaiserstuhl über den Rhein gegangen, so könnte man Jestetten, einen anerkannten römischen Ort, für Juliomagus halten; allein er liegt ohnehin zu entfernt, nur 1 Stunde vor Schaffhausen.

Hinter Schaffhausen folgt nach einer Stunde, mithin 4 ⅖ von Erzingen, das Dorf Büßingen am Rhein, wahrscheinlich vor der Erbauung Schaffhausens der Ausladeplatz der Waaren über dem Rheinfall. Es kann fast nichts anders als Portus Abucini oder Bucini der Notitiae galliarum seyn, indem alles auf diesen Ausladeplatz paßt, dagegen nichts auf Bussigny in der Waadt zwischen Rolle und Nyon. Dieser Ort liegt nicht am See, und kann daher kein Portus gewesen seyn. Er liegt nicht einmal an der Seestraße, sondern an der Bergstraße, welche parallel mit jener auf den Höhen der Rebhügel 3 - 400 Fuß hoch von Aubonnne nach Nyon führt, wohl 1 St. vom See entfernt, und von wo aus man eine herrliche Aussicht über den ganzen See genießt. Wie kann also dieses ein Hafen gewesen seyn? Der verfallene Thurm hinter dem Dorfe war offenbar nichts als eine Warte der neueren Zeit.

Büßingen am Rhein war also Brigobanne.

Würde indessen, hinsichtlich Juliomagus, für Geislingen entschieden, so fiele Brigobanne auf Schaffhausen, was jedoch nicht so gut mit den folgenden Entfernungen stimmt.

Von hier können wir nun nach Meßkirch 2 Wege einschlagen, entweder Hohentwiel rechts lassend, über Singen und Stockach, oder Hohentwiel links lassend, über Hilzingen und Aach. Wir besinnen uns keinen Augenblick, den letzten Weg zu wählen, da man von Aach bis Meßkirch und Mengen und noch weiter die Römerstraße aufgedeckt und Leichtlen sie gezeichnet hat, auch überdieß Stockach die neuere Straße ist.

Nun sind aber von Brigobanne bis Arae Flaviae 13 Millien = 5 ¼ Stunde.

Von Schaffhausen sind es über 6, mithin ist die Entfernung von Büßingen bis dahin treffender, und es muß also Aach Arae Flaviae seyn.

Bey Aach spricht alles für einen römischen Ort. Es liegt auf einem steilen Berg und hat viele Ruinen, die vielleicht aus der Römer Zeit stammen. Die Hauptmerkwürdigkeit dabey ist aber der Ursprung der Aach, welche sogleich als ein starker Bach aus der Erde kommt, und unmittelbar eine Mühle treibt. Man nimmt nicht ohne Grund an, daß dieses Wasser durch unterirdische Höhlen im dortigen Muschelkalk aus der Donau komme; denn wenn diese trüb und gelb ist, so quillt auch die Aach gelb aus dem Boden. Es ist daher sehr wahrscheinlich, daß die Stadt den Namen von diesem Umstande erhalten, und demnach wäre Arae flavae, wie auch die Charte wirklich hat, der Benennung Arae Flaviae vorzuziehen. Man könnte denken, es hätte Arae flavae geheißen, dem steht aber das Βωμοι des Ptolomäus entgegen. Rotweil ist viel weiter von Vindonissa entfernt, als die Charte Millien angibt, wenigstens 30 Stund., also 75 Millien, da doch die Charte nur 46 zählt. Selbst nach Leugen gerechnet, liegt Rotweil noch viel zu entfernt; wie man daher auf diesen Ort fallen konnte, ist ganz unbegreiflich. Die Gradmessungen des Ptolomäus sprechen auch für Aach.

Von Arae flavae bis Samulocenae 14 Millien, 5 ¾ Stunden.

Also haargenau die Entfernung von Meßkirch an der Ablach, wovon ich das Hergehörige schon gesagt habe. Die römischen Mauern in der Nähe, welche besonders durch Eitenbenz näher bekannt geworden sind, beweisen hinlänglich den römischen Boden.

Von Samulocenae bis Aquileia sind 64 Millien, also 25 ⅗ Stunden.

Nun sind von Meßkirch bis Mengen 4 Stunden, von Mengen bis Riedlingen wieder 4, von da bis Ehingen 6, von da bis Ulm wieder 6, und von da bis Günzburg auch 6, macht 26 St., also so genau, als man es nur wünschen kann.

Die Charte gibt für Grinarium 22 Millien, 8 ⅘ Stunden.

Dieses ist für Mengen also zu viel; allein sie läßt hinter Grinarium die Millienzahl weg und deutet dadurch an, daß dieses keine Station war, wollte es aber als einen bedeutenden Zwischenort doch nicht weglassen. Die 22 Millien gehen also bis Clarenna, welches mithin auf Riedlingen fällt. Theilt man die 22 Millien, so kommen auf Grinarium 11, auf Clarenna ebenfalls 11, mithin 4 Stunden auf Mengen und 4 auf Riedlingen, wie es recht ist. Allein Grinarium konnte auch näher oder ferner liegen, was nur der erhaltene Ortsname entscheiden kann. Mengen hieß in der alten Zeit Maginga, was nicht paßt. Eine Stunde aber vor Mengen liegt Krauchenwies an der Landstraße, worin der Name erhalten zu seyn scheint. Darauf deutet auch ohne Zweifel der Stein, den man unweit von Scheer gefunden hat, und worauf Apollo grannus steht.

Riedlingen wäre dann Clarenna, dem auch die Lage des Ortes auf einer kleinen Erhöhung mitten in dem sumpfigen Breitried nicht entgegen wäre; da wir aber durch die Bemühungen der Vanottis wissen, daß die Römerstraße von Mengen und Hebertingen rechts am Bussen vorbey über Stadion und Kirch-Birlingen nach Rüß-Dissen (im Gegensatz zu Iller-Dissen) führt; so müssen wir diesen offenbar näheren Weg nach Günzburg, der beständig am rechten Donauufer bleibt, für die Römerstraße gelten lassen. Da nun bis Clarenna etwas mehr als 8 Stunden, fast 9 sind, nehmlich 8 ⅘ (22 Millien); so lag Clarenna etwas weiter als Riedlingen, wahrscheinlich am Bussen selbst. Vielleicht ist der Name in Heiltingen (Helltingen) an der Kanzach erhalten, wofern dieses nicht zu nahe liegt.

Von Clarenna bis Ad Lunam sind wieder 22 Millien, also 8 ⅘ Stunden.

Diese Entfernung bringt uns, weil die Umwege am linken Ufer der Donau über Ehingen vermieden werden, über Rüß-Dissen in die Nähe von Ulm, aber nicht ganz hin. Mir scheint Laupheim an der Rotam in Ad Lunam zu stehen. Der Ort liegt auch zugleich da, wo sich diese Straße mit der vom Bodensee schnitt; und endlich geht von diesem Ad Lunam die Straße nach Augsburg ab, der zu Liebe die Donaustraße wohl ein wenig hat südlich gezogen werden können.

Die Charte gibt dieser Entfernung 52 Millien. Diese mit 5 getheilt machen 10 ⅖ Meilen oder 20 ⅘ Stunden. Nun sind aber von Augsburg bis Günzburg 12 Stunden. Von Günzburg bis Laupheim 10, macht 22 für den Umweg. Geht man von Laupheim gerad über Weißenhorn oder Krumbach nach Augsburg; so können nicht mehr als 20 herauskommen. Die Charte hat zwar diese Seitenstraße nicht ausgezeichnet, weil dieselbe sie nichts angieng; allein sie hat die Entfernung richtig angegeben. Dessen ungeachtet wollen die Geographen hier nichts als Unordnung finden und den Verfasser der Charte bitter tadeln.

Den Ort zwischen Ad Lunam und Augusta Vindelicorum nennt die Charte im Ablativ Pomone, und setzt ihn 40 Millien, also 16 Stunden von Ad Lunam, und 12 Millien oder 4 ⅖ Stunden von Augsburg. Schon dadurch hat sie bewiesen, daß sie absichtlich die zwischenliegenden Orte auslassen wollte; denn daß keine Station 16 Stunden entfernt ist, versteht sich von selbst. Dieses Pomone kann im Nominativ eben so gut Pomonis als Pomo, wie die Geographen meynen, haben. Ich kenne die in dieser Richtung liegenden Orte nicht, wahrscheinlich ist er aber in irgendeinem Baumstetten oder Baumgarten erhalten. Wer die Verhältnisse von Margartshausen, an dem der Weg vorbey führt, kennt, wird darüber entscheiden können.

Dieses Einlenken der Straße von Augsburg nach Ad Lunam und die so richtig zutreffende Millienzahl sehe ich für den bündigsten Beweis an, daß Ad Lunam in die Nähe von Ulm gehört, und daß mithin die Römerstraße den geraden Weg genommen, und nicht nördlich der Donau 20 - 30 Meilen weit herumgeschweift ist. Diese Seitenstraße ist der eigentliche Grundpfeiler für dieses ganze Straßensystem, welchen die meisten Geographen so schmählich bey Seite setzen und sich dadurch selbst das Spiel verderben.

Von Ad Lunam bis Aquileia sind 20 Millien, also gerade 8 Stunden, womit wir nicht ganz auf Leipheim treffen. Ich halte daher das Dorf Leiben vor Leipheim dafür, auch besonders darum, weil die folgenden Entfernungen besser passen. Leiben scheint mir aus Aquileia entstanden zu seyn, vielleicht Aach-Leiben.

Die Charte hat bey Grinarium die Millien weggelassen und zwischen Clarenna und Ad Lunam einen ganzen Ort. Die Geographen haben geglaubt, der Charte hierin helfen zu müssen, und sich daher erlaubt, an beyden Orten so viel Millien einzuschieben, als sie zu ihrer Wanderung im nördlichen Schwaben nöthig hatten. Damit kann man freylich die Straße zu groß machen und bis Gunzenhausen in Franken gerathen. Solch ein gewissenloses Verfahren verdient keine Widerlegung. Wir haben gesehen, daß durch die einfache Theilung der 22 Millien hinter Samulocenae Grinarium und Clarenna in gehörige Entfernung kommen und auf noch stehende Orte passen; so wie denn auch dadurch die Entfernung des Ad Lunam von Augsburg ganz richtig wird. Theilen wir auf ähnliche Art die 22 Millien hinter Clarenna, welche uns bis Leiben führten; so fällt Stadion ungefähr in die Mitte des Weges, und dieses ist daher wahrscheinlich die ausgelassene Station.

Wir kommen nun zur 2ten, etwas kleineren Hälfte des Weges, nehmlich zu den letzten 122 Millien, oder 24 ⅖ Meilen, 48 ⅘ Stunden, welches die Entfernung von Leiben bis Regensburg ist.

Von Regensburg bis Biricianae sind 58 Millien, oder 11 ⅗ Meilen, 23 ⅖ St.

Also die richtige Entfernung Leibens von Neuburg.

Von Günzburg bis Donauwörth sind wohl 13 St.; von Aquileia bis Medianae 43 Millien, also 8 ⅗ Meilen oder 17 ⅖ St., mithin weiter als von Günzburg bis Donauwörth, und fast so weit als von Ulm bis dahin, also zieml. soviel als von Leiben bis Donauwörth. Nirgends drängen sich auf der Charte die Orte so, wie in dieser Gegend; aber auch nirgends liegen noch gegenwärtig so viele Städte hinter einander, wie hier; Günzburg, Gundelfingen, Lauingen, Dillingen, Höchstädt, Donauwörth in der kurzen Strecke.

Nun sind von Aquileia bis zum nächsten Opie 18 Millien, 7 ⅕ St., welches auf Gundelfingen am linken Donauufer trifft.

Die Charte deutet zwar den Übergang über die Donau nicht an; das wird man auch nicht verlangen, da die Straße ohnehin bald wieder herüber kommt. Es ist nicht wahrscheinlich, daß die Römer dieselbe durch die Sümpfe am rechten Ufer der Donau nach dem Lech geführt haben.

Von Opie bis Septemiaci, vielleicht im Nominativ Septemiax, sind nur 7 Millien oder 2 ⅘ Stunden; trifft ziemlich auf Dillingen. Der Name Setemiaci paßt zwar sehr wohl auf Zusam an der Zusam auf dem rechten Donauufer, allein die Entfernung ist groß.

Von Septemiaci bis Losodica sind wieder nur 7 Millien, 2 ⅘ Stunden, was ungefähr auch Höchstädt fällt. Dieses liegt auf einer steilen Anhöhe, wie Augst und Windisch, und war daher sehr passend zu einem Castell, wie es denn auch darnach aussieht.

Von Losodica bis Medianae sind 11 Millien, 4 ⅖ Stunden, was auf Donauwörth fällt, ein Ort, den die Charte wohl nicht ausgelassen hat, da er von der Straße nach Nürnberg durchschnitten wird.

Von Donauwörth bis Neuburg sind etwa 6 Stunden, vielleicht etwas mehr. Diese Strecke kenne ich nicht.

Von Medianae bis Biricianae sind 15 Millien, also gerade 6 Stunden.

Von Medianae bis Iciniacum sind 8 Millien, 3 ⅕ Stunden, etwa bis Burkheim.

Von Iciniacum bis Biricianae 7 Millien, 2 ⅘ St., bis Neuburg.

Neuburg war sicher eine römische Station; denn es liegt mitten in der Ebene auf einem Hügel höher als Riedlingen, fast wie Höchstädt, ist auch ein sehr alter Ort, bey dem sich die ersten Prediger des Christenthums angesiedelt haben.

Nun haben wir noch das letzte Viertel des Weges zu betrachten.

Von Neuburg bis Regensburg rechnet die Post 24, das gemeine Leben nur 20 Stunden.

Von Biricianae bis dahin 64 Millien, macht 12 ⅘ Meilen, oder 25 ⅗ St., was mithin mit unserer Postrechnung zusammenstimmt.

Von Neuburg bis Neustadt 14 Stunden.

Von Biricianae bis Vetonianae 18 Millien, 7 ⅕ Stunden.

Man rechnet von Neuburg bis Ingolstadt 8 St., weil der Weg über die alte und neue Donau eine Strecke wegnimmt. Es ist nicht wahrscheinlich, daß die Römer nach Ingolstadt hinüber und wieder herüber giengen; daher gibt die Charte von Biricianae bis Vetonianae nur 7 ⅕ Stunden an, was mit Winden an der alten Donau zusammentrifft. Der Name ist erhalten, Neuburg hat den seinigen bey der Wiederaufbauung verloren. Biricianae paßte übrigens besser auf Burkheim, allein die Entfernung scheint dawider. Wenn man statt Iciniacum Liciniacum lesen dürfte, so würde dieser Ort am Lech liegen, also etwa Lechrain seyn. Allein, wie gesagt, ich kenne hier die Abstände nicht genau.

Von Vetonianae bis Germanicum (scl. castrum) 12 Millien, 4 ⅘ Stunden; träfe also Vohburg.

Von Germanicum bis Celeusum 9 Millien, 3 ⅗ Stunden; trifft auf Neustadt.

Von Celeusum bis Abusena 3 Millien, ist 1 ⅖ Stunden, trifft auf Abensberg, worin der Name nicht besser erhalten seyn könnte.

Von Abusena nach Reginum 22 Millien, 8 ⅘ St., ganz richtig, denn von Regensburg bis Neustadt sind 10 Stunden oder 25 Millien, und soviel gibt die Charte von Reginum bis Celeusum an.

Es treffen mithin alle Orte von Windisch bis Regensburg so genau mit den heutigen zusammen, daß nur selten kaum ein Unterschied von einer halben Stunde vorkommt. Bereist man nun diese Strecke absichtlich, um die alten Orte genau zu finden; so wird es nicht fehlen, daß man da und dort eine Alt-Stadt, ein Altenburg, Ein Altheim, ein Castell und dgl. findet, welche die geringen Unterschiede ausgleichen können. Wo einmal das Zusammentreffen so auffallend ist, kann man vernünftiger Weise nicht mehr daran zweifeln, daß die Römer ihre Straße in derselben Richtung hatten wie wir. Mannert ist der Sache offenbar am nächsten gekommen, und man muß sich daher um so mehr wundern, wie seine Nachfolger vom geraden Wege ganz abkommen konnten.

Stellen wir nun die Orte noch einmal zusammen.

  • Von Vindonissa bis Reginum 246 Millien, 98 ⅖ Stunden.
  • Von Brugg bis Regensburg über 94 Stunden.
  • Von Vindonissa bis Aquileia 124 Millien, 49 ⅗ Stunden.
  • Von Brugg bis Leiben mehr als 46 Stunden.
  • Von Vindonissa bis Samulocenae 60 Millien, 24 Stunden.
  • Von Brugg bis Meßkirch 24 Stunden.
  • Von Samulocenae bis Aquileia 64 Millien, 25 ⅗ Stunden.
  • Von Meßkirch bis Leiben über 22 Stunden.
  • Von Aquileia bis Reginum 122 Millien, 48 ⅘ Stunden.
  • Von Leiben bis Regensburg 48 Stunden.
  • Von Aquileia bis Iciniacum 58 [51] Millien, 19 ⅕ Stunden.
  • Von Leiben bis Burkheim ungefähr 20 Stunden.
  • Von Iciniacum bis Reginum 64 [71] Millien, 26 ⅗ Stunden.
  • Von Burkheim bis Regensburg gegen 27 Stunden.

Es sind ferner

  • 8 vonVindonissa bis Tenedonis 3 ⅕ Stunden.
      Von Brugg bis Dettingen ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ 3
  • 14 von Tenedonis bis Juliomagus 5 ⅗ St.
      Von Dettingen bis Erzingen über ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ 5
  • 11 von Juliomagus bis Brigobanne 4 ⅖
      Von Erzingen bis Büßingen über ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ 4
  • 13 von Brigobanne bis Areae flavae 5 ¼
      Von Büßingen bis Ach etwa ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ 5
  • 14 von Arae flavae bis Samulocenae 5 ⅗
      Von Ach bis Meßkirch etwa ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ 5
  • 22 von Samulocenae bis Clarenna 8 ⅘
      Von Meßkirch bis zum Bussen ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ 8
  • 22 von Clarenna bis Ad Lunam 8 ⅘
      Vom Bussen bis Laupheim ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ 8
  • 20 von Ad Lunam bis Aquileia 8
      Von Laupheim bis Leiben ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ 8
  • 18 von Aquileia bis Opie 7 ⅕
      Von Leiben bis Gundelfingen ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ 7
  • 7 von Opie bis Septemiaci 2 ⅘
      Von Gundelfingen bis Dillingen gegen ◦ ◦ ◦ 3
  • 7 von Septemiaci bis Losodica 2 ⅘
      Von Dillingen bis Höchstädt ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ 2
  • 11 von Losodica bis Medianae 4 ⅖
      Von Höchstädt bis Donauwörth gegen ◦ ◦ ◦ 4
  • 8 von Medianae bis Iciniacum 3 ⅗
      Von Donauwörth bis Burkheim über ◦ ◦ ◦ 3
  • 7 von Iciniacum bis Biricianae 2 ⅘
      Von Burkheim bis Neuburg gegen ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ 3
  • 18 von Biricianae bis Vetonianae 7 ⅕
      (Von Neuburg bis Ingolstadt ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ 8)
      Von Neuburg bis Winden ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ 7
  • 12 von Vetonianae bis Germanicum 4 ⅘
      Von Winden bis Vohburg über ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ 4
  • 9 von Germanicum bis Celeusum 3 ⅗
      Von Vohburg bis Neustadt gegen ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ 4
  • 3 von Celeusum bis Abusina 1 ⅕
      Von Neustadt bis Abensberg gegen ◦ ◦ ◦ ◦ 2
  • 22 von Abusina bis Reginum 8 ⅘
      Von Abensberg bis Regensburg ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ ◦ 8

  • 246 Millien (98 ⅖ Stunden) ◦ ◦ etliche und 90 Stund.

Auszug Isis 1825. Heft VIII. Seiten 849-866